Entstehungsgeschichte der Insel Usedom

Wollgrasvegetation © Kai Paulig

Von der Eiszeit..

Hauptaugenmerklich wurde die Insel Usedom durch die Eiszeit geformt. Die Eiszeit hatte vor ca. 20.000 Jahren ihren Höhepunkt. Die Oderinseln Usedom und Wollin gehören zu den jüngsten geologischen Bildungen Pommerns. Die Oberflächenform der Odermündung entstanden erst am Ende der Weichselzeit, vor etwa 14.000 / 15.000 Jahren. Nach dem Anstieg des Meeres vor etwa 7.500 Jahren waren von beiden Inseln nur Landkerne zu sehen, die aus dem Wasser ragten. Durch die Vermoorungen an Haff/ und Binnenküste und die Dünenbildung entlang der Seen schlossen sich in Jahrtausenden die Lücken.

Das größte Grundmoränengebiet der Insel befindet sich im Usedomer Winkel - zwischen den Ortschaften Zecherin und Usedom Stadt. So zieht sich ebene, flach wellige oder kuppige Landschaft bogenförmig um das Thurbruch und bildet somit den Grundstock der Halbinseln an Peenestrom und Achterwasser. Der Boden dieser Region zeichnet sich durch Geschiebemergel aus, wodurch ein nährstoffreicher Ackerboden entstand. Am Südrand des Achterwassers ist eine geologische Besonderheit zu sehen. Sogenannte Wallberge, auch Oser genannt. Als die Gletscher begannen zu schmelzen, bliebt das grobe Material, wie Steine und Kies, als erstes liegen. So entstanden die Steingründe im Achterwasser, die Wallberge bei Mellenthin und Morgenitz, der Borgwald und der Ubu. Der leichtere Sand, den die Eismassen dabei ebenfalls umschlossen hatten, wurde aufgrund seines geringeren Gewichtes weiter in den Süden ausgespült, so dass sich größere Sanderflächen, die heutige Mellenthiner Heide und Usedomer Forst entstand. Dieses Gebiet ist vor allem geprägt von Kiefer, Birke und Eiche, welche eine typische Vegetation für solche nährstoffarmen Böden darstellt. Das Urstromtal der Oder mündet in den Haffstausee. Durch Peenestrom, Swine und Dievenow fanden die Wassermassen zwischen Usedom, Wollin und dem Festland den Weg zum Meer. Blickt man nun in Richtung Bansin zeigen sich die sogenannten Endmoränenhügel. Diese entstanden, als es während der Eiszeit zu wiederkehrenden Warmzeiten kam, wodurch die Eisberge begannen zu schmelzen. Davon übriggeblieben sind massive Schuttberge, die heute mit Buchenwäldern überzogen sind. Darüber hinaus formte das abfließende Schmelzwasser der Gletscher die entstandenen Senken, welche heute als artenberaubenden Seen und Moorlandschaften die Usedomer Schweiz und das Ostusedomer Hügelland prägen.

Nach der Eiszeit, vor etwa 9.000 Jahren, begann der Meeresspiegel der Ostsee zu steigen. Erst vor rund 2000 Jahren endete dieser Anstieg. Nun begann der Prozess der Verlandung, Moore und Dünen entstanden. An der Binnenküste und im Inselinneren begann die Moorbildung in den Buchten und Becken, am Haff und am Peenestrom die flachen Überflutungsmoore. Die vom Meer abgeschlossenen Becken im Inselinneren, Thurbruch und Zernin, wurden zu großen Verlandungsmooren, deren Torfschichten mehrere Meter messen. An der Außenküste hingegen trug die See die aus dem Meer ragenden Steilküsten des alten Inselkerns ab. Mit dem Material wurden die noch offenen Meerespforten allmählich geschlossen: die Zinnowitzpforte, die Pudagla – und Swinepforte. Auf ihnen begannen Dünen zu wachsen.

Die Insel Usedom erhielt ihr Gesicht, so wie wir es heute kennen. Doch die Natur kennt keinen Stillstand. Die Kraft des Meeres verändert stetig den Verlauf der Küste. Und Jahr um Jahr, mit dem Wirken des Meeres, wird sich auch das Aussehen unserer Insel verändern.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungsgeschichte weist der Naturpark der Insel Usedom zahlreiche Landschaftsformen auf engstem Raum auf: Ostseestrand und Binnenküste, Seen und Moore, Buchenwälder und Dünenkiefern fügen sich mit kleinen Dörfern in einer alten Kulturlandschaft zu einem Mosaik, das durch seine Vielfalt überrascht.

Die Landschaft der Insel Usedom ist geprägt durch einen frühen anthropogenen Einfluss. Besiedlungsfunde der Insel reichen auf die Altsteinzeit (10.000 v. Ch.) sowie die sogenannte Trichterbecherkultur und Jungsteinzeit zurück. Seit dem 7. bis 11. Jahrhundert wird die Landschaft von den Slawen durch Ackerbau (Zweifelderwirtschaft), Viehhaltung, Fischerei und Waldwirtschaft verändert. Es wurden die ersten Grundlagen für das heutige Siedlungsnetz und Siedlungsformen gebildet. So entstanden vor allem Angerplatz-(Rundlinge) sowie Straßendörfer. Durch umfangreiche Rodungstätigkeiten formte sich immer mehr ein landschaftlicher Charakter zugunsten von Acker-, Wiesen-, und Weideflächen. Mit der wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit der Hanse ging eine Zunahme der Bevölkerung auf dem Lande und ein erhöhter Versorgungsanspruch der Städte mit einer Intensivierung der Landwirtschaft einher. Die Dreifelderwirtschaft und verbesserte Geräte setzten sich in der Landbewirtschaftung durch. Die Landschaft zeichnete sich durch ein vielseitiges, strukturreiches und kleingliedriges Mosaik aus, welches nachweislich zu einem Anstieg der biologischen Vielfalt beitrug.

Ein sehr starker Wandel in der Kulturlandschaft setze in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Die mineralische Düngung, mehrgliedrige Fruchtfolgen, Melioration in der Landwirtschaft, sowie eine geregelte Forstwirtschaft, der Entwicklung der Industrie, der Rohstoffgewinnung und Verkehrsentwicklung auf Gewässern, Schienen und Straßen setzte ein.

Bis in das 20. Jahrhundert herrschte eine relativ extensive Wirtschaftsform in der Landwirtschaft vor. Nach 1950 begann mit industriellen Methoden eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion, die große, flurbereinigte Nutzflächen hervorbrachte, geprägt von Monokulturen und einem erheblichen Einsatz von Pestiziden, die insbesondere Moor- und Feuchtgebiete erfasste. So wurden Moor- und Feuchtgebiete entwässert und mussten der intensiven Landwirtschaft weichen. Diese Entwicklungen gingen einher mit massiven Verlusten der Biologischen Vielfalt in unserer zuvor so vielfältigen und artenreichen Kulturlandschaft. Die erheblichen Folgen durch intensive Landwirtschaft sowie der Trockenlegung von Mooren sind heutzutage bekannt. Letztendlich ist ein Großteil der zuvor so wertvollen Biotope unserer Kulturlandschaft stark gefährdet. Um diese artenreiche Kulturlandschaft zu erhalten wurde der Naturpark gegründet.

Die Naturschutzgebiete nehmen mit insgesamt 3.963 ha fast 6% der Naturparkfläche ein. Eine besondere Rolle spielen dabei Moore und Seen sowie Inseln und Halbinseln an Ostsee und Binnenküste. Das Gebiet am Peenemünder Haken stellt mit seinen ausgedehnten Windwatten einen bedeutsamen Rastplatz für Wasser- und Watvögel dar. Als Seevogelschutzgebiet sind die Insel Wotig (im Peenestrom), Böhmke und Werder und Görmitz (im Achterwasser) bedeutsam. Gothensee,Thurbruch und die Zerninseesenke sind Rückzugsräume von Moorflora und –fauna. Geomorphologische Bildungen werden mit dem Mellenthiner Os und dem Streckelsberg (Kliffranddüne) geschützt. Der kleine Krebssee repräsentiert den im Naturpark selten vertretenen Typ eines Klarwassersees. Das Golm ist sowohl als bronzezeitlicher Burgwall als auch als Altwaldstandort floristisch interessant. Große Teile der Insel Usedom wurden bereits 1966 zum Landschaftsschutzgebiet (LSG) erklärt. 1993 wurde das LSG auf die gesamte heutige Naturparkfläche erweitert.

Im Naturpark existieren zwei Europäische Vogelschutzgebiete:

„Gothensee und Thurbruch“ und die Insel „Böhmke und Werder“ mit 918 ha sowie der Peenemünder Haken, Struck und Ruden, Peensetrom, Achterwasser und Kleines Haff gehören zum Naturpark. Daneben wurde auch der Wockninsee (52ha) als FFH-Gebiet der Europäischen Kommission vorgeschlagen.

Naturschutzgebiete im Naturpark:

Peenemünder Haken, Struck und Ruden – 1870 ha

Salzwiesen- und Strandwall-Landschaft im Mündungsbereich des Peenestroms, dazu ausgedehnte Flachwasserbereiche und die Düneninsel Ruden, Vogelbrut-und Rastgebiet.

Insel Großer Wotig – 203 ha

Salzwiesen-Insel im Peenestrom, mit Quellmoor und Überflutungsmoor auf dem Festland. Küstenvogel-Brutgebiet.

Südspitze der Halbinsel Gnitz – 61 ha

Halbinsel im Achterwasser, mit inaktiven Moränenkliff und vorgelagertem Höftland (Strandwallsystem). Alte Hutungslandschaft mit Trockenrasen.

Wockninsee – 49 ha

Strandsee mit ausgedehnten Verlandungszonen und verschiedenartigen Moorbildungen in der „Pudagla-Pforte“.

Mümmelkenmoor – 6 ha

Bis 14m tiefes Kesselmoor mit zentralem Kolk sowie fast ungestörten Torfmoos-Wollgras-Bulten und Schlenken.

Gothensee und Thurbruch – 800 ha

Rest einer beweideten Regenmmorkalotte auf einem Durchströmungsmoor in der Thurbruch-Niederung, mit vorgelagertem Flachsee. Das Moor wurde als Lebenstätte seltener Tagfalter berühmt. Im See lebt der Fischotter.

Halbinsel Cosim – 85 ha

Am Südufer des Achterwassers aus Strandwällen bestehende Halbinsel; Röhrichte und Erlenwälder vor bewaldetem Kliff.

Insel Böhmke und Werder – 118 ha

Zwei Inseln mit Moränenkernen und Verlandungssäumen, ursprünglich als Weideland genutzt. Seit den 60er Jahren Lachmöwen und Flussschwalbenkolonien.

Golm – 25 ha

Höchste bewaldete Endmoräne der Insel, 71m NN. Nahezu unbeeinflusstes Kliff mit seltenen Buchenwald-Ausbildungen.

Insel Görmitz – 165 ha

Östlich der Halbinsel Gnitz gelegen, aus einem Geschiebelehmkern bestehend, der von Überflutungsmooren (Röhricht, Wiesen) umgeben ist, Vogelbrut- und Rastgebiet.

Mellenthiner Os- 60 ha

Charakteristischer Wallberg mit slawischer Höhenburg, weitgehend bewaldet, schließt ein kleines Kesselmoor ein.

Kleiner Krebssee – 45 ha

Ein Kesselsee südwestlich von Bansin gelegen, Klarwassersee mit artenreicher Flora und Fauna.

Zerninseesenke – 375 ha

An der Südostgrenze des deutschen Teils der Insel Usedom gelegen, durch eine Strandwalllandschaft und ein Regenmoor von der Ostsee abgetrenntes Gletscherzungenbecken mit unterschiedlich alten Moorbildungen.

Streckelsberg – 34 ha

56 km über dem Meeresspiegel aufragende Moränenkuppe an der Küste, von Kliffdünen übersandet – mit alten orchideenreichen Buchenwäldern.